VIGNETTE | Genuss ohne Reue

Immer öfter verspricht uns die Werbung „Genuss ohne Reue“. Ohne Fett, ohne Zucker, ohne Alkohol könnten wir erst richtig genießen, wird dem Konsumenten suggeriert. Doch was ist eigentlich Genuss? Die höchste Kunst des Genießens ist die Kunst, sich dem Augenblick hinzugeben. Wie Kinder das Gestern und Morgen vergessen, die Sorgen aus dem Kopf verbannen und sich dem Sonnenuntergang am Meer, einem guten Glas Wein oder  dem Gespräch mit einem Freund ganz zu widmen. Wer wirklich genießt, denkt nicht an die Folgen, im Gegenteil – richtiger Genuss schließt geradezu aus, sich über einen Kater am nächsten Tag, ein Pfund mehr auf der Waage oder die späte Stunde Gedanken zu machen. Im Hingeben an den Augenblick brechen wir aus dem Hamsterrädchen der Zeit aus und verwandeln uns von Funktionsträgern des Alltags zurück zu fühlenden, denkenden und sozialen Menschen. Wir genießen auch selten alleine – weil Genuss auch ein sozialer Akt ist. 

„Aber das ist doch alles ungesund!“, wenden Sie ein? Ungesund ist mittlerweile die verbreitete Einstellung zum Genuss. Mediziner sehen das mittlerweile auch in Zusammenhang mit der rasant ansteigenden „Volkskrankheit“ Burnout.

Oder mit den Worten des antiken Philosophen Epikur gesagt: „Achtet des einzigen, das Ihr habt: Diese Stunde, die jetzt ist. Als ob Ihr Macht hättet über den morgigen Tag! Wir ruinieren unser Leben, weil wir das Leben immer wieder aufschieben.“

Libera

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